Alles Schinkel? Und Napoleon!

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# Museum

Alles Schinkel? Und Napoleon!

Raumnot, Baufälligkeit, Gegenmaßnahmen  

1826 befand sich der Turm der Nikolaikirche Spandau in einem "lebensgefährlichen Zustand". Stücke des Hauptgesimses fielen inzwischen sogar auf die Straße und stellten für die Menschen eine so große Bedrohung dar, dass sie gesperrt werden musste. Aber auch die Treppe zur Orgel und die Emporen waren inzwischen sehr baufällig geworden. Der Turm konnte zwar kurzfristig mit eigenen Mitteln aus der Kirchenkasse repariert werden, jedoch blieben viele Probleme unangetastet, denn unter Napoleon war die einst prächtige Kirche zu einem Schlacht- und Lagerhaus für Brot und Futter denunziert worden, was nachhaltige Spuren hinterließ.

Hinzu kam die Platznot, die entstand, weil König Friedrich Wilhelm III. seine Garnison im Juni 1826 um ein Bataillon auf insgesamt über 1.200 Soldaten erweitert hatte und die 1.050 Plätze für die Zivilgemeinde und Armee bei Weitem nicht mehr ausreichten.

So lag ein Ausbau der Kirchensitzplätze für geschätzte 10.000 Taler als Lösung nahe. Doch weder Kirche noch Kommune waren in der Lage, die Summe aufzubringen. Dennoch wurde am 1. Dezember 1826 der Regierung – vermutlich vom Magistrat – mitgeteilt, dass zwar für den geplanten Umbau des Gotteshauses nach wie vor keine Mittel zur Verfügung stünden, aber die Maßnahmen, die der Bauinspektor Sachs zur Erhaltung des  "über 600 Jahre alten und durch sein Alter ehrwürdigen Kirchengebäudes" für notwendig halte, unverzüglich ausgeführt werden sollten. Die Einsturzgefahr wurde schnell abgewendet und laut einem Bericht des Bau-Conducteurs Struwe ließen sich die Sitzplätze von 1026 auf 1486 erhöhen. Weiterhin galt sein Interesse dem wechselvollen Schicksal des Turmes und dem Taufstein aus dem Jahre 1398. Sehr ungünstig wirkte auf ihn dagegen der Altar, da er einen "widerlichen, buntfarbigen Anstrich" hatte, wodurch "die erhaben gearbeiteten Reliefs" verunstaltet würden. Die Kanzel befand Struwe als "sehr schlecht und baufällig", ebenso wären die meisten Pfeiler sehr schadhaft und die Innenwände wären "nur ganz dünn mit Kalk überzogen", so dass die Steine überall durchschimmerten. Den Emporen und Kirchensitzen fehlten angemessene Verzierungen und vermauerte Fenstern müssten aufgebrochen werden.

Positiv war jedoch die Aussage des Sachverständigen, dass  im Gegensatz zu den beiden anderen Kirchen in Spandau, der Moritzkirche und der reformierte Kirche, allein die Nikolaikirche der vergrößerten Garnison ausreichend Platz biete. Mit dieser Einschätzung drangen das Kriegs- und das Kultusministerium auf die Substanzerhaltung des Gotteshauses in einer gemeinsam erarbeiteten Richtlinie.

Bevor man hier jedoch weiterkam, standen 1834 wieder einmal Regenschäden auf dem Turmhelm zur Debatte, wie der Oberkirchenvorsteher dem Bauinspektor Butzke klagte. Die Reparaturen begannen dann 1835 und wurden 1836 fortgesetzt einschließlich der Verstärkung der Holzkonstruktion über dem Gewölbe des Kirchendaches und der Verbesserung der Glockenanlage.

Doch die eigentlich große Reparatur wäre nicht in Gang gekommen, wenn nicht der König selbst eingegriffen hätte. In einer Weisung vom 9. Dezember 1837 gab er, nach mehrmaligen Bittersuchen von Gemeinde, Magistrat und Ministerien, den Auftrag den Turm dem gotischen Stil der Kirche anzupassen und  übernahm auch die notwendigen 10.000 Taler für die Baukosten. Laut Kuntzemüller hätten die Stadt sogar 12.500 Taler und die Gemeinde selbst 3.500 Taler beigesteuert.

Mit den nun bereitgestellten Finanzmitteln konnten die Fragen der Eingliederung der Kanzel in das Kirchenschiff,  der Erhaltung des Altars, der Innenwandfarbe sowie die Wünsche des Grafen Lynar geklärt und in die Baupläne eingearbeitet werden, so dass am 19. August 1838 die großen Bauarbeiten mit dreifachen Ziel, die schweren Schäden zu beseitigen, den Turm dem gotischen Stil der Kirche anzupassen sowie neue Sitzplätze für die Garnison zu schaffen, begonnen werden.

Text: Markus Lange nach Weichert, Friedrich: St. Nikolai zu Spandau. Ein Mittelpunkt brandenburgischer Kirchengeschichte, Berlin 1982, S. 40-46.

Bild: Bonaparte beim Überschreiten der Alpen am Großen Sankt Bernhard (Gemälde von Jacques-Louis David, 1800), Leihgabe an Belvedere von Kunsthistorisches Museum (Wien), Google Cultural Institute, aus Wikimedia Commons, dem freien Medienarchiv.

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