30/05/2025 0 Kommentare
Ein Liebhaber der Wahrheit
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# Museum

Ein Liebhaber der Wahrheit
Ein Liebhaber der Wahrheit
Tharsanders Bücher am Reformationsplatz
Seit 1972 trägt eine Straße in der Spandauer Wilhelmstadt seinen Namen. Und im vergangenen Jahr wurde an seinem Hauptwirkungsort Germendorf, heutzutage ein Ortsteil von Oranienburg, ein Gedenkstein für ihn enthüllt. Die Rede ist von Georg Wilhelm Wegner, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Tharsander.
Der Schriftsteller-Pfarrer
Georg Wilhelm Wegner wurde 1692 in eine Oranienburger Bürgerfamilie hineingeboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Berlin studierte Georg Wilhelm an den Universitäten in Halle und Jena Philosophie, Theologie, Kirchengeschichte und Physik. Außerdem begeisterte er sich für Geometrie. In seiner Autobiografie schreibt er: "Meine Begierde zu lesen war unersättlich." 1721 wurde Wegner Pfarrer in Germendorf, das damals zum Spandauer Kirchenkreis gehörte. Mit seiner Frau Anna hatte er zwei Söhne. Trotz der schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse blieb die Familie in Germendorf. Einen Großteil seines Einkommens investierte Wegner in Bücher. Vor allem die intensive Beschäftigung mit den Schriften des Philosophen Christian Wolff regte Wegner zu eigenen Veröffentlichungen an. Als Herausgeber der Zeitschrift Schauplatz nannte er sich ab 1733 Tharsander (griech. Mutiger bzw. Starker). Das Paulus-Wort "Prüft alles und behaltet das Gute!" war die Richtschnur seiner Arbeit und er war gut mit anderen Gelehrten vernetzt. So war er u. a. kollegial befreundet mit dem Spandauer Pfarrer Joachim Böldicke. Wegner nahm Stellung zu fast allen naturwissenschaftlichen, philosophischen und theologischen Kernthemen der frühen Aufklärung. Er wandte sich "zur Beförderung der Wahrheit" gegen den Aberglauben seiner Zeit und warnte vor Betrug. Seine Artikel tragen Überschriften wie "Von den Cometen", "Von Gespenstern", "Von der Krafft der Worte", "Von Vampyren", um nur einige zu nennen.
Georg Wilhelm Wegner verstarb 1765 und wurde in der Mitte der Germendorfer Kirche beigesetzt. Seine umfangreiche Büchersammlung vermachte er der Bibliothek der Spandauer St.-Nikolai-Kirche. Dort sind Wegners Bücher heutzutage immer noch zu finden im Museum Spandovia Sacra am Reformationsplatz.
… und seine Erben
Neben der Basisausstellung Nicht nur auf Sand gebaut – Geschichte(n) von Kirche und Stadt richtet Spandovia Sacra in diesem Sommer besonderes Augenmerk auf die historische Büchersammlung der Spandauer St.-Nikolai-Kirche. Im kleineren Ausstellungsraum ("Kabinett") wird ein Überblick über die Geschichte und den Bestand der alten Kirchenbibliothek gegeben. Die Ausstellung bietet die Möglichkeit, quasi durchs Schlüsselloch einen Blick auf diesen Schatz zu werfen. Ergänzend zur Kabinettausstellung Durchs Schlüsselloch geschaut ermöglichen öffentliche Führungen den Zutritt in den Bibliotheksraum.
Die Ausstellungen und das Café des Kirchenmuseums Spandovia Sacra am Reformationsplatz 12 können immer freitags, sonnabends und sonntags von 15 bis 18 Uhr besucht werden. Der Eintritt ist frei. Die ebenfalls kostenlosen Führungen durch die historische Bibliothek finden in der Regel 14-tägig freitags um 16.30 Uhr statt und dauern ca. 45 Minuten: 6.6., 20.6. (Thema: Geschichte des Hauses), 4.7., 18.7., 1.8., 29.8. Herzliche Einladung!
Sabine Müller, Museumsleiterin
Dieser Artikel erschien zuerst im Gemeindebrief St. Nikolai Berlin-Spandau, Ausgabe Sommer 2025, Seite 12f.
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